Die Tatsache, dass es so dermaßen viele verschiedene Diäten und Ernährungshinweise gibt, ist nicht nur verwirrend. Es ist auch dem Fakt geschuldet, dass es die eine gesunde, gute Ernährung per se nicht gibt. Dazu ist unser Körper viel zu anpassungsfähig. Viel zu differenziert. Und wir verstehen auch nur einen kleinen Bruchteil der dauerhaft ablaufenden Vorgänge. Wie soll es denn dann überhaupt eine Grundlage für gesunde Ernährung geben? Wie kann ich meine Ernährung jetzt gestalten? Eine Grundlage möchte ich dir hier aufzeigen!
Inhaltsverzeichnis
Die Verwirrung der Ernährungsszene
Je mehr man sich mit Ernährung beschäftigt, desto verwirrter scheint man zu werden. Low-Carb – nur ein Trend? Oder doch der Heilsbringer? Vielleicht ist aber doch fettarm das Richtige für mich. Schließlich liebe ich meine Nudeln und kann nicht ohne. Wobei, die Jäger und Sammler kannten auch noch keine Nudeln, und die sind ja jetzt unsere Vorbilder wenn es um gesunde Ernährung geht. Also wohl doch lieber Paläo. Aber der Low-Carb-Blog gefällt mir dann doch irgendwie besser…
So geht das Spiel dann immer weiter und wir drehen uns freudig im Kreis bis wir resignierend die Selleriestangen ins Nutella tunken, um unseren Frust los zu werden.
Ich gebe zu, ich war selbst lange Zeit in diesem Karussell gefangen; drehte mich neugierig im Kreis, ohne auch nur einen Schritt voran zu kommen. Natürlich habe ich dabei viele verschiedene Dinge gelernt, auch kleine Erfolge gefeiert. Aber für meine Definition einer dauerhaften gesunden Ernährung hat es nie getaugt. Es war mehr von einem Extrem ins nächste.
Durch die Überflutung an Informationen heutzutage dürfte das wohl auch eher die Regel sein, als die Ausnahme. Entweder wir unterwerfen uns dogmatisch einer Ernährungsreligion. Oder wir stehen wie der Ochs vorm Berge und wundern uns, wer denn jetzt Recht hat. Verfolgen gespannt mit Chips und Bier vorm PC die wilden Diskussionen, wieviel Gramm Kohlenhydrate denn jetzt gut wären für uns und wie oft ein Steinzeitmensch es denn tatsächlich geschafft hat, ein Mammut zu erlegen und Fleisch zu essen… Oder sind wir jetzt schlauer und wissen, wie ungesund Fleisch war seit eh und je?
Die Evolution als Richtschnur?
Die sich aktuell am härtesten haltenden Ernährungsreligionen sind Paläo, Vegan, Low-Carb und Ketogen. Jede dieser Richtungen versucht dir mehr oder weniger plausibel zu erläutern, warum genau der von ihnen angebete “Gott” (=Ernährungsform) der wäre, den es anzubeten gilt. Da es für viele nur die eine gesunde Ernährung zu geben scheint, muss natürlich ihre dann auch die einzig richtige sein. Deshalb verstehst du jetzt vielleicht auch, warum ich hier von Ernährungsreligionen spreche.
Schwarz-Weiß-Denken in seiner Reinform. Und immer wieder wird die Evolution als Erklärungsgrundlage heran gezogen. Ob der Mensch überhaupt jemals Fleisch gebraucht hat, oder ob er dazu sogar genetisch “verpflichtet” ist wird dann beispielsweise lang und breit diskutiert. Mal abgesehen davon, dass es einfach niemand weiß, wie die Leute früher gelebt und gegessen haben (und es da wohl auch extrem viele regionale Unterschiede gab), ist diese Diskussion in meinen Augen am Ziel vorbei geschossen.
Klar können wir versuchen anhand von Untersuchungen der Vergangenheit auf die Gegenwart zu schließen. Aber nicht in die Zukunft blicken! Ob wir dann aus Isotop-Proben der DNA erkennen, dass ein Steinzeitmensch ein Allesfresser war, bringt uns dabei reichlich wenig. Denn einem Jäger und Sammler der Steinzeit ging es um ganz andere Dinge, als uns jetzt. Der wollte halt überleben. Mit dem was er vorfand. Hatte er Hunger musste er das, was seine Umgebung ihm zur Verfügung stellte nutzen, um diesen Hunger zu “entfernen”. Das ist ein völlig anderer Kontext! Damals gab es kein Monsanto oder Nestlé…
Wir wollen uns das heutzutage jedoch als Vorbild nehmen – und dabei sogar noch mehr. Wir wollen die optimale Ernährung, um so leistungsfähig wie möglich zu sein. Oder so gesund wie möglich. Einfach mal ausruhen wenn wir müde sind? Da gibts doch was von Ratiopharm. Oder wenn es dann dazu eben notwendig ist, auf Kohlenhydrate komplett zu verzichten, dann sind wir gerne bereit, diesem Extrem nachzueifern – ob wir uns dabei gut fühlen, oder nicht.
Alles hat seinen Preis – gesunde Ernährung nicht!
Natürlich gibt es Menschen, die mit einer extremen Kohlenhydrat-Restriktion abnehmen! Aber das ist natürlich mit einem Preis verknüpft. Oder deutlicher: Low-Carb kann beim Abnehmen helfen, langfristig ist es aber nicht gesund!
Unser Körper ist eben auf die vielfältigsten Ernährungsformen angepasst, dass es auch Menschen gibt, die eine auf Kohlenhydraten basierende Ernährung praktizieren und damit quietschfidel sind. Dann gibt es wieder die Menschen, die sich jedes Gramm Kohlenhydrate entsagen, und damit erfolgreich abnehmen. Aber was bedeutet es überhaupt, erfolgreich zu sein? Man braucht ein vorher definiertes Ziel – und dieses Ziel zeigt uns, wieviel wir investieren müssen. Denn die Thermodynamik ist eben nur schwer außer Kraft zu setzen.
Habe ich also 50kg Übergewicht und will das verlieren, muss ich das entsprechende Äquivalent zu den 50kg an Energie verbrauchen; oder in meiner Ernährung einsparen. Wie wir diesen Weg gestalten ist so individuell wie unser Klamottenstil. Klar sollte aber auf jeden Fall sein, dass dies mit einem Preis verknüpft ist.
Genau wie eine Ernährungsumstellung zur Gewichtsreduktion – NICHT jedoch für eine bessere Gesundheit!
Gewichtsreduktion kann dir dann mit Paläo zum Beispiel gelingen, jedoch ist das nur dieser Ernährung zu verdanken? Oder ergibt sich automatisch durch die Aufnahme von mehr sekundären Pflanzenstoffen schon eine Verbesserung? Wäre für mich logisch, wenn man z.B. nur die besondere Bedeutung von Ballaststoffen für den Energie-Stoffwechsel betrachtet.
Es gibt also einen Unterschied zwischen der Ernährung, die unsere Fettpolster beseitigen soll – und einer gesunden Ernährung!
Ein Leben in Extremen
Ich beobachte jedoch immer mehr, dass wir in Extremen leben. Entweder oder scheint unsere Einstellung zu sein. Jemand findet heraus, dass wir die FALSCHEN Kohlenhydrate essen und das natürliche negative Folgen hat. Und deshalb gehen wir ans andere Ende des Extrems und essen GAR KEINE mehr. Ist das deshalb automatisch besser?
Man könnte es meinen, wenn man so durchs Internet surft. Und ja, es gibt dabei durchaus Vorteile. Jemand, der adipös ist, und in dessen Blut sowieso schon zuviel freie Fettkörper herum schwimmen, kann damit bestimmt Erfolge feiern. Ist es deshalb kategorisch als Ernährungsgrundlage zu empfehlen? In meinen Augen nicht.
Ein Leben in Extremen ist eben genau das: ein Leben, das eine ganz spezielle Einstellung, eine Ideologie oder ein Dogma zur Grundlage macht, ohne das übergeordnete Ziel zu verfolgen. Es haben schon immer tausend Wege nach Rom geführt. Und genauso viele daran vorbei.
Da das Ganze natürlich auch mit Erfolgen verknüpft ist (nur was ist der gemeinsame Nenner?), scheint es zunächst genau die Sache zu sein, die wir jetzt immer verfolgen müssen! Alles andere davor war ja dann doch nicht das Richtige. Aber alles nutzt sich eben ab. Dann kommt der nächste Trend um die Ecke, und auf einmal fragen wir uns, warum uns das nicht schon vorher aufgefallen ist. Warum uns das vorher noch niemand gesagt hat? Und weiter dreht sich das Hamsterrad. Und wir rennen auf der Stelle.
Doch wie kommen wir aus diesem Hamsterrad heraus?
Weshalb Mäßigung der Schlüssel ist
Es geht also NICHT um die Frage Low-Carb oder Paläo oder Vegan! Sondern, was ist gut für unseren Körper, und was nicht!
Unser Körper ist ein Wunder der Natur: er kann fehlerfrei Kohlenhydrate UND Fette verstoffwechseln. Ohne dies hätten wir als Art gar nicht überlebt.
Das heißt, bloß weil Weizenprodukte bis zum abwinken uns nicht gut tun, ist nicht automatisch das Kohlenhydrat schuld. Oder weil manche Salz in Verbindung bringen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen bedeutet das noch lange nicht, dass wir ohne Salz überleben können. Geschweige denn, dass es Sinn macht, einen Nährstoff komplett zu verteufeln.
Es gibt immer ein Optimum. Und das muss per definitonem immer ZWISCHEN zwei Extremen liegen.
Der Kontext ist also entscheidend.
Das Zauberwort ist hierbei Mäßigung!
Das heißt, zu viele, aber vor allem falsche Kohlenhydrate sind schlecht. Zu wenige, vor allem von den Richtigen, halt auch!!
Tausendmal gehört – klingt langweilig. Aber es ist eigentlich so einfach. Wenn wir uns im Kino, wo wir nur sitzen, gezuckertes Popkorn reinhauen ist das mit Sicherheit kein guter Zeitpunkt. Haben wir aber gerade ein 45-minütiges Hochintensivtraining hinter uns gebracht, kann eine gute Stärkequelle (und somit Kohlehydrate) durchaus sehr angebracht sein. Und das ganz ohne schlechtes Gewissen.
Bevor wir uns also wieder auf die nächste Wunderdiät stürzen, die uns das blaue vom Himmel verspricht, sollten wir erstmal überlegen, ob wir wieder in die Falle der Extreme tappen wollen.
Um mal das Beispiel der Makronährstoffe heran zu ziehen:
Es gibt Kohlenhydrate, Fette und Eiweiß. Letzteres dient primär als Bausubstanz, die ersten beiden sind primär zum verfeuern gedacht – stark vereinfacht dargestellt. Wenn wir uns jetzt anschauen, wie im Körper Energie bereit gestellt wird, ist es viel viel viel zu einfach zu sagen, wir müssen eine Substanz, z.B. die Kohlenhydrate reduzieren, und schon klappt alles einwandfrei. Wenn es so einfach wäre…
Unser Körper funktioniert mit einer Vielzahl an Regelkreisen und kommuniziert dauerhaft; dabei verstehen wir (ich noch weniger als einige andere) bisher nur einen Bruchteil der ablaufenden Prozesse.
Trotzdem schaffe ich es, mich weitestgehend gesund zu ernähren. Durch viel Recherche, viel selbst ausprobieren und der einen Grundlage: Mäßigung.
Die Aufteilung der Makros
Wenn man sich also anschaut, dass es drei verschiedene Energielieferanten gibt, die alle genau ihren eigenen Nutzen haben, macht es für mich Sinn, sie auch bedarfsgerecht in die Ernährung einzubauen.
Nehmen wir an, dass maximal 5-10% unseres Energiebedarfs aus Eiweiß kommen sollte (Muttermilch besteht aus 4,5% – in einer Phase wo wir extrem wachsen wollen!), ergibt sich für die anderen beiden Makronährstoffe noch ein Anteil von 80-95%. Da wir gute Kohlenhydrate direkt und ohne Aufwand verfeuern können, und auch noch schonend für die Verdauung sind, sollten sie in unverarbeiteter Form den Hauptteil der Energie ausmachen. Bei mir sind das ca. 75% am Tag, hauptsächlich aus reifen Früchten und Gemüse. Dadurch transportiere ich nebenbei noch unzählige wichtige Mineral- und Mikronährstoffe in meinen Körper. Bleiben dann noch 15-20% für gesunde Fette aus Oliven, Kokosnuss, Avocado und Nüssen.
Doch das alles hilft uns wenig, wenn wir – wie ich eigentlich in jedem Artikel über Ernährung erwähne – nicht die richtige Qualität wählen!
Auf die Qualität kommt es an
Was macht also gesunde Ernährung trotz ihrer ach so komplexen Wirkungen wirklich aus?
Es ist nicht zwingend die Zusammensetzung der Makronährstoffe – es ist ihre Qualität!
Also das, was pro Energieeinheit an wichtigen Mikro-Nöhrstoffen mitgeliefert wird.
Deshalb wird auch klar, warum dir den Verzicht von Zucker und Weizen rate! Nicht jedoch den kompletten Verzicht auf jede Form von Kohlenhydraten!
Wenn du auf Kohlenhydrate verzichtest, dafür aber dann die abgepackten Low-Carb Pseudo-Nahrungsmittel in dich hinein schaufelst, wirst du eben nicht gesünder leben. Durch die wenigen Nährstoffe und vielen Pestizide und Chemikalien werden sich ganz andere Probleme ergeben.
Oder wenn du beginnst, die Menge der Fette in deiner Ernährung zu erhöhen, dies aber durch Margarine oder Salami machst, wirst du dich nicht automatisch lebendiger fühlen.
Um es kurz zu machen: Esse viele Früchte, Gemüse, ein paar Nüsse und Samen! Ohne Verpackung, ohne Chemie und ohne Label drauf, das uns vorgaukelt, wie gesund es doch wäre, das zu essen. Niemand muss Werbung machen für Obst und Gemüse. Die sprechen für sich!!
Die Qualität, die du in dich hinein lässt, ergibt die Lebensqualität, die du erfährst!
Und genau das wollen wir doch: uns lebendig fühlen. Wie wäre es also mit “lebendigen” Lebensmitteln? 😉
Fazit
Gesunde Ernährung ist nicht ein Ding. Es gibt nicht die eine gesunde Ernährung, mit der du endlos lebst und quietschfidel durch die Welt rennst. Einer Ernährungsreligion blind zu folgen, auch wenn sie noch so modern oder gehyped ist, sehe ich als eher fraglich an.
Ein gesunder Mittelweg aus allem – gepaart mit ein paar grundsätzlichen Bedingungen – bringt dich weiter, als jedes Extrem. Das wirst du sowieso nicht ewig durchhalten können.
Außerdem geht es eben auch darum, dass wir leben. Die ganzen Dogmen bringen dich da nicht weiter. Damit verbringst du durch ständige Restriktionen dein Leben in einer Box, nur um dann vielleicht nach ein paar Jahren festzustellen, dass du deine Zeit verschwendet hast.
Wenn wir etwas von unseren Steinzeitmenschen lernen können, dann dass wir unserem Körper dann Energie geben, wenn er sie braucht – in der bestmöglichen Qualität. Und wenn nicht, dann lass es. Nur das Essen aus Lust wegzulassen kann dich schon erheblich weiter bringen.
Zumindest ist das mittlerweile meine Sicht der Dinge…
Dein Coach-Kern